Es gibt wohl keinen Menschen, der gerne wartet. Warten ist vergeudete Zeit. Egal, ob man auf den Bus, den Lift, oder eine Verabredung wartet – Wir hassen es. Aber was wäre, wenn wir das Warten in ein völlig neues Licht rücken würden? Was, wenn Zeit, in der man nichts zu tun hat, die Regel wäre und nicht die Ausnahme? Entschleunigung ist das Zauberwort, das in aller Munde ist. Einmal entspannt den Fuß vom Gas und den Gang raus und nur noch rollen. Ohne Druck und ohne schlechtes Gewissen. Aber wie macht man das? Ist Entschleunigung als Lebensstil heute möglich, oder kommt man damit zwangsläufig unter die Räder?
Beschleunigung
Tatsächlich lässt sich das Moorsche Gesetz auf fast alles in unserem Leben anwenden. Gordon Moore hat 1965 vorhergesagt, dass sich jedes Jahr die Anzahl der Transistoren pro Flächeneinheit verdoppeln wird. Damit hat er fast exakt recht behalten. Das Moorsche Gesetz lässt sich aber nicht nur auf Elektronik anwenden. Wer 1950 in einen Schuhladen kam konnte dort die Schuhe, die er 1948 gekauft hatte, wieder kaufen. Auch wenn man sich einen Hut, oder einen Mantel kaufen wollte, gab es keine gravierenden Änderungen. Zumindest nicht in der kurzen Zeit. Aber das Leben wurde beschleunigt und beschleunigt.
Schritt halten
Dass sich Dinge entwickeln, war schon immer so. Aber die Zyklen haben sich dramatisch verkürzt. Der klassische Röhrenfernseher hatte in den 1970ern Standardgröße. Zuerst in Schwarz-Weiß, später in Farbe. Features, wie eine Fernbedienung kamen erst mit den Jahren. Heute geht es Schlag auf Schlag. Größer, farbechter und ausgereifter sind die Bildschirme und haben Dimensionen, die jeden Fernsehschrank an seine Grenzen bringen. Mode, Technik und alle anderen Lebensbereiche entwickeln sich schneller und schneller. Kaum etwas, das man kauft, ist aktuell, wenn man damit daheim ankommt. Fast schon im Minutentakt kommen neue und bessere Modelle für alles auf den Markt. Schritt zu halten ist dabei nicht immer einfach.
Gegen den Strom
Up to date zu sein ist heute eine Verpflichtung, die wir schon in der Schule lernen. Das alte Handy von Mama, oder der Schulranzen mit einem nicht mehr angesagten Motiv stellen Kinder ins Abseits. Wer nicht mit dem Strom schwimmt, muss mit Widerstand rechnen. Zeitlose Werte gibt es kaum noch. Hochwertige Luxusuhren halten sich über Jahre, sind aber für den Normalverdiener unerschwinglich. Man kann nur auf Replica Uhren setzen und eine Kopie tragen, will man im Alltag etwas mit Bestand besitzen. Wer auf die neueste Smartwatch setzt, hat ein großes Problem. Innerhalb kürzester Zeit ist auch das neueste Modell überholt. Diese ständige Beschleunigung und der Druck immer Schritt zu halten nehmen immer mehr Menschen zum Anlass, sich für Entschleunigung als Lebensstil zu entscheiden. Das Leben gegen den Strom zu führen, hat offensichtlich Vorteile.
Aus dem Hamsterrad
Ein Begriff, den man in letzter Zeit immer wieder liest, ist Hamsterrad. Wir sind im Hamsterrad gefangen und drehen unsere Runden. Diesem Hamsterrad zu entkommen ist der Antrieb vieler Menschen, die in die Selbstständigkeit wechseln. Allerdings ist es nicht nur die ausweglose Situation im Hamsterrad, in dem man läuft und läuft, ohne von der Stelle zu kommen. In Wirklichkeit beschleunigt das Hamsterrad zusätzlich und fordert uns mit jedem Schritt mehr. Aussteigen und das Rad anhalten, oder es rückwärts zu drehen ist eine Variante. Einfacher umsetzbar ist es allerdings, das Hamsterrad ab und zu ein wenig abzubremsen. Macht man es richtig, dann dreht es sich in einem angenehmen Tempo und statt durchs Leben zu hetzen, bleibt uns Zeit, den Weg zu genießen.
Der Weg ist das Ziel
Tatsächlich ist man gut damit beraten, das Ziel aus den Augen zu verlieren. Zumindest tut es gut, das Ziel neu zu definieren. Es gibt Rahmenbedingungen, innerhalb der man sich bewegen muss. Grenzen, die man nicht überwinden kann. Innerhalb dieser Gegebenheiten kann man sein Leben aber frei gestalten. Muss es denn immer das beste, neueste und teuerste sein, das wir kaufen? Der Weg wird zum Ziel und Entschleunigung als Lebensstil kann die Lösung fast aller Probleme sein. Zufrieden mit dem, was man hat, kann man geruhsam durchs Leben schlendern. Auch wenn man am Ende vielleicht weniger auf dem Konto hat, als andere, lohnt es sich trotzem.
Wir kaufen Dinge, die wir nicht brauchen, von Geld, das wir nicht haben, um Menschen zu beeindrucken, die wir nicht mögen.
unbekannter Autor
Nachdenken
Schafft man es, einen Schritt zurückzutreten, dann kann man die eigene Situation mit anderen Augen sehen. Wir hetzen ein Leben lang etwas hinterher. Eine vage Vorstellung vom Glück und Wohlstand ist der Antrieb für all unser Tun. Das alleine ist noch nichts schlechtes. Wir alle brauchen Ziele im Leben und Motivation. Aber der Preis, den viele Menschen heute dafür zahlen ist zu hoch. Wir sollten für unser Leben arbeiten und nicht für die Arbeit leben. Selbstreflexion, die eigenen Ziele in Frage zu stellen und neue, zusätzliche zu definieren, ist ein erster wichtiger Schritt. Entschleunigung als Lebensstil ist kein Verlust an Komfort. Was ist es, das wir wirklich brauchen?
Entschleunigung als Lebensstil
Blicken wir am Ende des Lebens zurück, dann wird es wohl niemanden geben, der es bereut, nicht oft und lang genug im Büro gewesen zu sein. Es wird nicht das iPhone sein, das wir uns nicht gekauft haben und auch nicht das Schiebedach, auf das wir in einem Auto verzichtet haben, das wir vermissen. Es ist die Familie, es sind die Freunde, für die man zu wenig Zeit hatte. Aber nicht nur andere leiden unter der ständigen Zeitnot. Eine Person vernachlässigen wir leider viel zu oft. Uns selbst. Also nimm Dir Zeit für Dich! Entschleunigung als Lebensstil ist besser, als gestresst von Termin zu Termin zu hetzen. Reichtum ist eine Frage der Definition und Geld allein macht niemals glücklich. Setz Deine Prioritäten richtig und entscheide Dich für die Entschleunigung, bevor es zu spät ist.